Wer in den Niederlanden lebt und arbeitet, muss eine Krankenversicherung (KV) abschließen. Das Gesundheitssystem ist privatwirtschaftlich organisiert, wird jedoch durch die zuständigen staatlichen Stellen reglementiert. So legt das Gesundheitsministerium fest, welche Leistungen die Krankenkassen mindestens anbieten müssen. Diese Grundabsicherung ist sowohl für Arbeitnehmer wie auch Selbstständige obligatorisch. Über den obligatorischen Grundschutz hinaus werden noch individuelle Zusatzversicherungen angeboten. Seit der großen Gesundheitsreform 2006 wird nicht mehr zwischen privaten und öffentlichen Versicherungsunternehmen unterschieden.
Krankenkasse in Holland und Deutschland
In den Niederlanden gibt es keine Unterscheidung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Es gibt rund 40 Versicherungsgesellschaften, welche sowohl den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Mindestschutz wie auch individuelle Zusatzleistungen anbieten. Im Vergleich zu Deutschland fällt der Grundschutz etwas geringer aus. So werden beispielsweise keine zahnärztliche Leistungen nur für Personen über 18 Jahren übernommen. Bei besonderen Behandlungen wie Psychotherapien, Logopädie oder Physiotherapie fallen die Beteiligungen ebenfalls nicht allzu hoch aus. Kinder sind bis zum 18. Lebensjahr kostenlos mitversichert, eine Familienversicherung, die auch dem Partner zur Verfügung steht, gibt es jedoch nicht.
Der monatliche Beitrag zur Krankenversicherung fällt im Gegenzug vergleichsweise gering aus. Allerdings gilt für alle Leistungen eine jährliche Selbstbeteiligung. Der Versicherte kann sich mit optionalen Zusatzversicherung je nach Bedarf individuell absichern. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass die Prämienhöhe von der Regierung festgelegt wird und somit nicht vom Einkommen abhängig ist. Alle Versicherte zahlen für die Grundabsicherung denselben Preis. Zudem beteiligt sich der Arbeitgeber noch mit einem einkommensabhängigen Betrag an den Kosten.
Die drei Säulen der niederländischen Krankenversicherung
Das niederländische Gesundheitssystem beruht auf drei Säulen, welche für die Finanzierung der unterschiedlichen Leistungsbereiche zuständig sind.
Pflegeversicherung
Die erste Säule wird von der Pflegeversicherung (Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten – AWBZ) gebildet. Durch diese werden besonders schwere gesundheitliche Risiken wie eine Langzeitpflege, dauerhafte Behinderungen oder auch eine psychiatrische Erkrankung. abgesichert. Die AWBZ gehört zu den Pflichtversicherungen und wird von jedem Einwohner der Niederlande benötigt. Sowohl Arbeitnehmer wie auch Selbstständige zahlen einen einkommensabhängigen Betrag in die Pflegeversicherung ein.
Grundabsicherung
Mit der obligatorischen Grundsicherung bildet die eigentliche Krankenversicherung die zweite Säule des Systems. Dadurch soll für alle Bürgerinnen und Bürger eine Notfallversorgung sichergestellt werden. Die Finanzierung erfolgt über eine einkommensunabhängige Pauschale, welche vom Versicherten selbst gezahlt wird. Dazu kommt ein nach dem Einkommen gestaffelter Betrag, der vom Arbeitgeber übernommen wird. Selbstständige zahlen stattdessen einen ermäßigten Prozentsatz ihres Bruttoeinkommens.
Private Zusatzversicherung
Die privaten Zusatzversicherung bilden die dritte Säule des niederländischen Gesundheitssystems. Da der Gesetzgeber in den letzten Jahren einige Leistungen gestrichen hat, nimmt diese eine immer größere Bedeutung ein. So können zum Beispiel Zahnersatz, Hörgeräte, Physiotherapie oder alternative Behandlungsformen grundsätzlich nur durch eine private Zusatzversicherung abgesichert werden. Rund 95 Prozent der Niederländer hat mittlerweile eine private Zusatzversicherung abgeschlossen.
Welche Leistungen bietet die Grundsicherung in Holland?
Der niederländische Staat hat ein Mindestpaket zusammengestellt, welches von allen Krankenversicherern angeboten werden muss. Die Versicherungen müssen jedem Kunden unabhängig vom Alter oder Gesundheitszustand eine solche Grundabsicherung anbieten.
Zur Grundversorgung gehören:
- Behandlung durch Allgemein- und Fachärzte sowie Geburtshelfer
- Stationäre Aufenthalte im Mehrbettzimmer
- Krankentransport
- Zahnärztliche Leistungen bis 18 Jahre
- Verschreibungspflichtige Medikamente
- Mutterschaftsvorsorge
- Notfallmedizin
Über das Grundpaket hinausgehende Leistungen können von den Versicherern individuell angeboten werden. Hierfür können die Preise von den Unternehmen frei festgelegt werden.
Was die Basisabsicherung betrifft, gilt in den Niederlanden das Hausarztmodell. Bei einer Erkrankung wenden sich Versicherte zunächst an ihren Hausarzt, welcher dann gegebenenfalls eine Überweisung zu einem Facharzt ausstellt. Ein Wechsel des Hausarztes kann nur mit Zustimmung der Krankenkasse erfolgen. Wer sich eine freie Arztwahl sichern möchte, benötigt eine entsprechende Zusatzversicherung.
Was kostet die Grundabsicherung in den Niederlanden?
Einkommensschwache Personen können einen staatliche Zuschlag beantragen. Die entsprechenden Anträge werden beim zuständigen Finanzamt eingereicht. Gewährt wird der Zuschuss für niederländische Staatsbürger und ausländische Arbeitnehmer gleichermaßen.
Voraussetzungen für einen Zuschuss:
Wie hoch der Zuschuss genau ausfällt, hängt immer vom jeweiligen Einkommen ab. Für Kinder über 18 Jahre die noch im Haushalt der Eltern leben kann der Zuschuss unabhängig von deren Einkommen beantragt werden.
Sonderkonditionen über den Arbeitgeber
Wer bei einem niederländischen Unternehmen tätig ist, kann in vielen Fällen von eine sogenannten „Collective Health Care Insurance“ profitieren. Hierbei werden die Konditionen zwischen Arbeitgeber und Krankenversicherung individuell ausgehandelt. So kommen Mitarbeiter neben der obligatorischen Grundsicherung vielfach noch in den Genuss von kostenlosen Zusatzleistungen. eben dem Mitarbeiter selbst können auch dessen Partner/in und Kinder bis zum 18. Lebensjahr bzw. unverheiratete studierende Kinder bis zum 27. Lebensjahr mitversichert werden. Der Abschluss einer solchen Versicherung ist aber keineswegs obligatorisch und der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtend, eine solche „Collective Health Care Insurance“ anzubieten.
Versicherungspflicht für Auswanderer nach Holland
Ob für Ausländer eine Versicherungspflicht besteht, hängt unter anderem von der Dauer des Aufenthalts ab. Wer sich nur für einen kurzem Zeitraum in den Niederländen aufhält, ist von der Versicherungspflicht ausgenommen. Wer fest in die Niederlande umzieht und hier eine Arbeit aufnimmt, muss innerhalb von vier Monaten eine Krankenversicherung abschließen. Dabei kann der Versicherer frei gewählt werden. Geschieht dies nicht wird der Betroffene schriftlich von der Krankenversicherungskommission (ZIN) zum Abschluss einer Krankenversicherung aufgefordert. Erfolgt daraufhin keine Reaktion wird eine Geldbuße in Höhe von 366,99 (Stand 2016) fällig. Wer das Aufforderungsschreiben irrtümlich erhalten hat, kann bei der ZIN Beschwerde einlegen.
Ein Rückstand bei den Beitragszahlungen kann eine Erhöhung der Prämie nach sich ziehen. Kunden erhalten ab einem Rückstand von zwei Monaten ein Schreiben von ihrem Versicherer. Es besteht dann die Möglichkeit, eine Zahlungsvereinbarung zu treffen. Wer vier Monate oder länger im Rückstand ist, erhält von seinem Versicherer eine Mahnung. Zu diesem Zeitpunkt gibt es noch die Möglichkeit eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Versäumnisse ab sechs Monate werden an die ZIN gemeldet. Anschließend ziehen die Behörden eine monatliche Gebühr von 159,03 Euro direkt vom Gehalt ein. Der höhere Beitrag endet, sobald Sie die gesamten Schulden bezahlt oder Vorkehrungen für eine Schuldenberatung getroffen haben.
Studenten in den Niederlanden
Wer in den Niederlanden studiert, hat je nach Alter und persönlicher Situation mehrere Möglichkeiten für die Krankenversicherung.
Erfolgt eine Arbeitsaufnahme in den Niederlanden greift automatisch auch die Versicherungspflicht. Gleiches gilt für Studenten, die bereits älter als 30 Jahre sind. Eine Reihe von Versicherern bietet die Basisabsicherung für Studenten zu vergünstigten Konditionen an. Darüber hinaus beschäftigen manche niederländischen Universitäten Ärzte und Psychologen, die die an der entsprechenden Einrichtung eingeschriebenen Studierenden in beschränktem Umfang kostenlos behandeln.
Zudem können Studenten einen Rabatt von bis zu 10 Prozent erhalten, wenn sie sich an einer Gruppenversicherung ihrer Hochschule beteiligen. Diese Verträge werden als “Collectieve verzekering“ bezeichnet.
Niederlande: Optionen für Grenzgänger bei der KV
Grenzgänger die in Deutschland wohnen und in den Niederlanden arbeiten, müssen ebenfalls eine Krankenversicherung abschließen. Die Prämie wird im Land des Arbeitsortes bezahlt. Allerdings können Grenzgänger die Leistungen von beiden Krankenkassen nutzen. Dazu reicht es, bei der Anmeldung anzugeben, dass sich der Wohnsitz in Deutschland befindet. Der Versicherer schickt anschließend das Formular S1 zum Grenzgänger bzw. direkt zu dessen Krankenkasse. Hiermit kann der Grenzgänger dann sowohl die deutsche als auch die niederländische Krankenversicherung nutzen. Sind der Ehepartner oder die Kinder über die Familienversicherung mitversichert bleibt diese in Deutschland unverändert bestehen.
Private Zusatzversicherung gehört zum Standard in Holland
Das Angebot an privaten Zusatzversicherungen ist in den Niederlanden sehr umfangreich. So finden Verbraucher für jeden persönlichen Bedarf die passende Police. Je nach Wunsch können einzelne Bereiche wie Zahnarzt oder Krankenhaus wie auch Komplettpakete abgeschlossen werden. Zudem gibt es spezielle Angebote für Jugendliche oder ältere Versicherungsnehmer.
Die CZ Versicherung gehört zu den größten Online Versicherern in den Niederlanden. Hier erhalten Kunden Grundabischerung und Zusatzversicherungen aus einer Hand. Ein Komplettpaket für die ganze Familie inklusive Zahnversicherung gibt es hier schon ab einer Prämie von rund 40 Euro monatlich. Jugendliche erhalten das Ganze für knapp 20 Euro pro Monat.
Niederländische Krankenversicherung im Vergleich
Was das Gesundheitssystem betrifft, nimmt die Niederlande im europäischen Vergleich einen Spitzenplatz ein. Dies geht aus dem jährlich erstellten Euro Health Consumer Index (EHCI) hervor. 2015 stellte die Niederlande mit 898 von 1.000 möglichen Punkten was die Zufriedenheit der Versicherten betrifft einen neuen Rekord auf. Mit einigem Abstand dahinter folgen die Schweiz (855) und Norwegen (851). Mit Ausnahme der teilweise langen Wartzeiten auf einen Termin bei Fachärzten wurden keine offensichtliche Mängel festgestellt. Diese ergeben sich in erster Linie dadurch, dass vor einem Facharzt zwingend der eigene Hausarzt aufgesucht werden muss. Positiv bewertet wurde insbesondere, dass sich die Versicherten ihren Leistungsumfang mit einer breiten Palette an Zusatzversicherungen individuell zusammenstellen können. Deutschland kam bei der Studie mit 812 Punkten auf einen 9. Platz.